BERLIN – Die Bundeswehr prüft die Möglichkeit eines Abzugs ihrer Soldaten und Ausrüstung vom NATO-Stützpunkt Incirlik im Süden der Türkei. Dies teilte die Wochenzeitung „Der Spiegel“ heute auf ihrer Website unter Berufung auf eine nicht näher bezeichnete Quelle mit.
Ihm zufolge plant die Armee, Aufklärungsflugzeuge und Tornado-Betankungsmaschinen nach Jordanien oder Zypern zu verlegen und gleichzeitig die Operationen der Alliierten in Syrien und im Irak weiterhin zu unterstützen. Allerdings hat diese Alternative viele Nachteile. Unter anderem müssten die Flugzeuge den Betrieb für mindestens zwei Monate einstellen und auch ihre Wartung würde teurer.
Der größte Nachteil besteht jedoch darin, dass Deutschland faktisch von den Vereinigten Staaten abgeschnitten wäre, die die Koalition gegen ISIS anführen. Die Bundeswehr kann nun Bilder von Tornado-Flugzeugen direkt an Informationssysteme der Koalition senden, was von Jordanien oder Zypern aus nicht möglich wäre. Das deutsche Verteidigungsministerium hat sich zu dieser Information nicht eindeutig geäußert. „Wir wollen die Koalitionsoperationen von der Türkei aus fortsetzen, aber der Stützpunkt Incirlik ist nicht die einzige Alternative für unsere Mission“, Der Spiegel zitierte einen Ministeriumssprecher.
Den Abzug der Bundeswehr aus der Türkei fordert auch Rainer Arnold, Verteidigungsexperte der SPD. Er begründete seinen Antrag mit einem aktuellen Vorfall: Ankara habe es Bundestagsabgeordneten nicht gestattet, deutsche Soldaten zu besuchen, die auf dem Stützpunkt Incirlik stationiert seien. „Sollte der Besuch des Militärs nicht genehmigt werden, ist die Verlängerung des Mandats ausgeschlossen.“ Arnold erzählte dem Spiegel. Er fügte hinzu, dass die Regierung dringend andere Stützpunkte für deutsche Soldaten finden müsse.
Das parlamentarische Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in der Türkei läuft im Dezember dieses Jahres aus. Ohne SPD-Stimmen kann es nicht verlängert werden. Die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara begannen sich zu verschlechtern, nachdem der Bundestag Anfang Juni eine umstrittene Resolution verabschiedete, in der das Massaker an Armeniern durch osmanische Türken 1915–16 als Völkermord bezeichnet wurde. Zu einer weiteren Abkühlung kam es im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putschversuch in Türkiye am 15. Juli.
Der deutsch-türkische Streit könnte sich auch auf die Beteiligung Deutschlands an der Entsendung von mit AWACS ausgerüsteten Flugzeugen in die Türkei auswirken, die auf dem Juli-Gipfel der Nordatlantischen Allianz beschlossen wurde. „Die NATO kann auf keinen Fall damit rechnen, dass der Bundestag für diesen Einsatz deutsche Soldaten beauftragen wird.“ sagte Arnold. Der Spiegel erinnerte daran, dass die 16 AWACS-Maschinen auf dem Stützpunkt Geilenkirchen stationiert seien und mehr als ein Drittel des Militärpersonals deutsche Soldaten seien.
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