Das Zeitalter des Wolfes markierte den Beginn eines entscheidenden Jahrzehnts für die Zukunft Deutschlands

Niemandes Zeit, Wolfs Zeit

Während des Krieges bezahlten 6 % aller Europäer mit ihrem Leben. In Polen töteten sie sogar bis zu einem Sechstel der Bevölkerung oder 6 Millionen Menschen. In jüdischen Familien wurden nicht die Toten gezählt, sondern die Überlebenden. Mehr als 5 Millionen Menschen starben während des Krieges. Deutsche Soldaten. 1,6 Millionen deutsche Kinder blieben nach dem Krieg als Halb- oder Vollwaisen zurück, manche kannten nicht einmal ihren Namen. Kinder und Jugendliche zogen einzeln oder in Gruppen durch das Land, stahlen, randalierten und prostituierten sich.

Ende September 1945 befanden sich noch 6,5 Millionen deutsche Männer in westlicher Gefangenschaft und mehr als 2 Millionen verhungerten in sowjetischen Lagern. Deutschland war nach 1945 ein Land von Frauen, die nach der Eroberung Deutschlands durch die Alliierten Opfer einer beispiellosen Welle rachsüchtiger Vergewaltigungen wurden. Bis zu 2 Millionen Frauen wurden vergewaltigt, oft mehrfach. Dies bestärkte irgendwie viele deutsche Frauen in der Ansicht, dass der Krieg Männerarbeit war, obwohl viele Frauen vor dem Krieg in ihrer Begeisterung für Hitler nicht hinter den Männern zurückstanden.

Ohne Männer wurden viele Familien während und unmittelbar nach dem Krieg zu konspirativen Gemeinschaften, die stärker voneinander abhängig waren als jemals zuvor vor dem Krieg. Sie gewöhnten sich daran, ohne Vater zu überleben, während Frauen während des Krieges lernten, alle Positionen und Berufe zu übernehmen, die zuvor von Männern ausgeübt wurden. Auch aus diesen Gründen erkannten deutsche Veteranen nach ihrer Rückkehr in die Heimat oft ihre eigenen Frauen nicht wieder, und ihre eigenen Kinder zogen von ihnen weg. Vielen deutschen Soldaten wurde erst nach der Rückkehr zu ihren Familien klar, dass sie den Krieg verloren hatten.

Im Sommer 1945 lebten in den vier Besatzungszonen etwa 75 Millionen Menschen. Aber die überwiegende Mehrheit war nicht dort, wo sie hingehörte oder wo sie sein wollte. Diese Millionenmasse bestand aus Flüchtlingen, Obdachlosen, Umsiedlern, Deserteuren, Exilanten, ehemaligen Lagerhäftlingen und anderen Gestrandeten. Insgesamt wurden bis zu 40 Millionen Menschen auf verschiedene Weise entwurzelt. Nach dem Krieg galt es auch, die Rückkehr von 8 bis 10 Millionen Zwangsarbeitern in die ursprüngliche Heimat sicherzustellen und gleichzeitig mehrere Millionen Angehörige der deutschen Volksgruppe aus den Gebieten, die ihren Status als Gemeinwesen endgültig verloren hatten, zu integrieren Staat mit Deutschland.

Was von Deutschland übrig blieb, konnte kaum als Gesellschaft bezeichnet werden. Wir sprachen von „Niemandszeit“, „Zeit der Wölfe“. Sie fürchteten den Zusammenbruch aller Gerechtigkeit und aller Moral. Überall herrschten Hunger, Kälte, Entfremdung, Diebstahl, Plünderungen, Familienkrisen, Moral und manchmal unvorstellbare Verzweiflung. Das Kriegsende definierte die Begriffe arm und reich neu. Silber hat im Wesentlichen seinen Wert verloren. Dieser Zustand hat zur sogenannten Deprofessionalisierung der Kriminalität geführt. Kriminalität ist in das tägliche Leben der Massen eingedrungen, diejenigen, die nicht gestohlen haben, haben ihre Familien und Angehörigen gestohlen.

Jahr null

Nach dem Krieg begann für die Deutschen das Jahr Null. Aber wie baut man eine Gesellschaft wieder auf, die aus solchem ​​Chaos heraus funktioniert? Harald Jähner – deutscher Journalist und Schriftsteller – hat versucht, diese Frage zu beantworten. Seine historische Analyse mit dem Titel Die Zeit der Wölfe (Leben in den Trümmern des Dritten Reiches) sie ist mehr als kompetent. In zehn Kapiteln, die mehrere Bereiche des Nachkriegslebens erschließen, zeichnet es einerseits ein vollständiges und lebendiges Bild dieser Verwüstung, beschreibt aber gleichzeitig auch die gesellschaftlichen Phänomene und Prozesse, die der Treibstoff für die Geburt von a waren Neue Nachkriegsgesellschaft.

Natürlich weicht er der Frage nach Schuld und Verantwortung für Verbrechen, die von Deutschen im Namen der Nation und der Rasse begangen werden, nicht aus. Er unterzieht diese Nachkriegsgemeinschaft einer Kritik, die vielleicht nicht genug Demut an den Tag legte und angesichts der Beschwörung des Holocaust mit gesenktem Blick verstummte, aber gleichzeitig mehrere interessante sozialpsychologische Einschätzungen dieses Zustands lieferte, die vorbei sind vielleicht sinnvoller, als wenn sie in der Zeit des ersten Nachkriegsjahrzehnts ausgesprochen worden wären.

Laut Harald Jähner kam das Schuldgefühl in den ersten Monaten und Jahren nach dem Krieg vor allem aus zwei Gründen nicht voll zur Geltung. Die Bombennächte, die grausamen Hungerwinter der ersten Nachkriegsjahre und der tägliche Kampf gegen anarchistische Verhältnisse haben vielen Deutschen die Erinnerung an ihre NS-Vergangenheit einfach aus dem Kopf getrieben. Unter der Last belastender neuer Umstände, die nur von der Gnade der Sieger abhängig waren, sahen sie sich als Opfer, denn wenn sie die Verantwortung für den systematischen Massenmord in ihrem Namen voll und ganz übernahmen, konnten sie kaum den Mut und die Energie aufbringen, den Posten zu überleben – Kriegsjahre.

In der zweiten Sequenz steckte hinter dem Schweigen eine große Scham und auch eine Art Bemühen, das eigene Versagen ins kollektive Unbewusste zu verlagern, wo doch wie eine schwere Erbsünde spätere Generationen von Deutschen besonders gelitten haben. Eine tiefergehende kollektive geistige und nationale Säuberung fand laut dem Autor erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts statt und wurde nur von der Generation der Kriegs- und Nachkriegskinder durchgeführt.

„Die mangelnde Wahrheitsliebe der deutschen Nachkriegsgesellschaft ist zu verurteilen, aber es ist nicht zu leugnen, dass sie eine Verdrängungsleistung abgeliefert hat, von der ihre Nachwelt am meisten profitiert hat.“ Dass sich in den beiden deutschen Staaten trotz eines gewissen zwiespältigen Wunsches nach Versöhnung mit der Vergangenheit und auch der Rückkehr der NS-Eliten in Institutionen und Politik vom Nationalsozialismus gesäuberte Gesellschaften durchgesetzt haben, stellt nach Ansicht des Autors ein weitaus größeres Wunder dar als ein Erfolg verbunden mit der wirtschaftlichen Erholung.

Der Phönix erhebt sich aus seiner Asche

Deutschland erhebt sich aus seiner Asche. Der Krieg hinterließ in Deutschland rund 500 Millionen Kubikmeter Trümmer. 45 % aller Häuser wurden zerstört. Im zerbombten Dresden kamen auf jeden Überlebenden 40 Kubikmeter Trümmer, die offizielle Trümmerbeseitigung endete erst 1958, die letzte Schadensbeseitigungsbrigade beendete ihren Dienst erst 1977. In vielen deutschen Städten war der erste Schritt buchstäblich den Boden unter den Füßen wiederzufinden, damit die Fundamente der erneuerten Städte neu gelegt werden konnten.

Fabriken, Produktionsstätten, Straßen, Eisenbahnen und andere Infrastruktur wurden zerstört. Viele bestehende Güter wurden Gegenstand von Kriegsreparationen. Die Nachkriegsverwaltung führte in allen Besatzungszonen ein striktes Rationierungssystem ein. In den britischen und amerikanischen Zonen war nur eine Tagesration von 1550 Kalorien erlaubt, was 65 % dessen entsprach, was die damaligen Ärzte für einen Erwachsenen als notwendig erachteten. Die versprochenen 1550 Kalorien wurden jedoch bald drastisch unterschätzt. In den schlimmsten ersten drei Jahren wurden pro Erwachsenem nur 800 Kalorien zugeteilt. Natürlich haben solche Maßnahmen auch einen überbordenden Schwarzmarkt geschaffen.

In Westdeutschland wurden durch die Währungsreform bis zu 93 % der Ersparnisse in Reichsmark abgewertet. Die Bundesrepublik Deutschland wurde zwar in den Marshallplan einbezogen, musste aber als einziger Nutznießer aufgrund ihrer NS-Vergangenheit das Geld zurückgeben. Aber auch an diesem Punkt bietet das Buch Zeit der Wölfe ein faszinierendes Panorama einer entschlossenen Nation, die mit Disziplin und Entschlossenheit wieder auf die Beine kam. Im Laufe der Zeit wurde die westliche NSR sogar zum Wirtschaftstiger Europas, während sie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ihre unterernährte und lange verlorene östliche Schwester finanziell unterstützen konnte.

Harald Jähner: Die Zeit der Wölfe (Leben in den Trümmern des Dritten Reiches), N Press, 2022, Übersetzung: Miloslav Szabó

Amala Hoffmann

Preisgekrönter Unruhestifter. Extremer TV-Pionier. Social-Media-Fanatiker

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