To Lam ist der neue Präsident Vietnams. (Quelle: SITA/Nghia Duc/National Assembly via AP)
HANOI – Vietnam hat zum dritten Mal in drei Jahren einen neuen Präsidenten. Der neue Mann heißt To Lam – und auch in Deutschland und der Slowakei ist er kein Unbekannter. Es scheint, dass er derjenige war, der die Entführung eines vietnamesischen Staatsbürgers in Berlin angeordnet hat. Eines der Länder, in denen die Entführung stattfand, war die Slowakei.
In Vietnam wurde der ehemalige Minister für öffentliche Sicherheit als neuer Präsident vereidigt. Die Nationalversammlung wählte das Politbüromitglied To Lam (66) als Nachfolger von Vo Van Thuong, der im März nach einem Korruptionsskandal zurücktrat. Doch auch die Ermittlungsbehörden in Deutschland kennen den neuen Staatschef. Er steht im Mittelpunkt eines Entführungsfalls, der die schlimmste diplomatische Krise aller Zeiten zwischen den Regierungen von Berlin und Hanoi auslöste.
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Das Landgericht Bratislava hat den angeklagten Sanitäter in Untersuchungshaft genommen (Quelle: Topky/Vlado Anjel)
Was ist passiert? Im Jahr 2016 übernahm Lam das Amt des Ministers für öffentliche Sicherheit. Ein Jahr später wurde der ehemalige vietnamesische Politiker und Geschäftsmann Trịnh Xuân Thanh aus dem Berliner Tiergarten entführt und in seine Heimat verschleppt. Laut einem Urteil des Berliner Berufungsgerichts hat Lam, jetzt gewählter Präsident, persönlich die Entführung seines in Ungnade gefallenen Parteikollegen durch vietnamesische Geheimdienste in seiner früheren Funktion als Sicherheitsminister angeordnet.
Nach Angaben deutscher Ermittler soll er an Bord des Flugzeugs gewesen sein, das Thanh von der Slowakei nach Vietnam transportierte. Er kam in einem Konvoi aus Range Rover und Mercedes Vito in der Slowakei an, der von Deutschland über Brünn nach Bratislava gelangte. Deutsche Medien spekulieren, dass in einem der Autos auch ein entführter Mann transportiert wurde. Die Bundesregierung betrachtete den Vorfall als Verletzung der deutschen Souveränität und wies mehrere vietnamesische Diplomaten aus. Die 2011 mit dem kommunistischen Land geschlossene „strategische Partnerschaft“ wurde vorübergehend ausgesetzt.
Mittlerweile haben sich die Beziehungen zum Land wieder stabilisiert. Erst im Januar stattete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Vietnam einen Staatsbesuch ab. Doch mit To Lam als Präsident dürften die Kontakte aus Sicht politischer Beobachter künftig komplizierter werden. Ob Steinmeier seinem Amtskollegen zur Wahl gratulieren wird, ist noch unklar.
Es kommt immer wieder zu Korruptionsskandalen
Doch selbst in seiner Heimat genießt Lam nicht den besten Ruf. In den sozialen Medien kursiert ein Video des neuen Präsidenten, das zeigt, wie er ein mit Blattgold verziertes Steak isst. Im Umgang mit der vietnamesischen Demokratiebewegung verhält sich Lam wie ein Hardliner. Als Sicherheitsminister verhaftete er immer wieder Aktivisten und Blogger.
Lam ist Vietnams drittes neues Staatsoberhaupt in nur drei Jahren – eine ungewöhnliche Situation in einem Mekong-Land, das sonst für seine politische Stabilität bekannt ist. Tatsächlich wurde der Rücktritt von Lams Vorgänger Vo Van Thuong von der Kommunistischen Partei nach nur einem Jahr im Amt erzwungen. Und auch sein Vorgänger trat nach Korruptionsvorwürfen zurück.
Allerdings verfügt der vietnamesische Präsident nicht über große politische Macht. Das repräsentativste Amt gilt nach dem des Parteivorsitzenden und des Premierministers erst als drittwichtigstes Amt in der politischen Hierarchie. Angeführt wird die Anti-Korruptions-Kampagne von KPV-Generalsekretär Nguyen Phu Trong, dem mächtigsten Mann im südostasiatischen Einparteienstaat. Lam spielte bisher eine wichtige Rolle bei der Umsetzung dieser Maßnahmen.
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