Die Operation hätte 270.000 Euro gekostet.
Mitglieder der Gruppe, die vor zwei Jahren die Gaspipelines Nord Stream beschädigte, waren überwiegend ukrainische Zivilisten. Allerdings wurden sie von einem ehemaligen Mitarbeiter des ukrainischen Geheimdienstes, Roman Chervinskyi, kommandiert. Unter Berufung auf seine Recherchen berichtete das deutsche Magazin „Der Spiegel“ darüber.
Die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2, die Gas von Russland nach Deutschland über den Grund der Ostsee transportieren sollten, wurden vor genau zwei Jahren, am 26. September 2022, bei einer Explosionsserie beschädigt.
Laut der Zeitschrift „Der Spiegel“ handelte es sich bei den Mitgliedern des „Sabotagekommandos“ um ukrainische Taucher, die keiner der ukrainischen Streitkräfte oder Geheimdienste angehörten. Angeführt wurde die Gruppe jedoch von einem ehemaligen Mitglied der Geheimdienste SBU und HUR, Červinsky, der das Team zusammenstellte, trainieren ließ und in die Tat umsetzte.
Die Identität aller Beteiligten wurde bekannt gegeben
Er suchte gezielt nach Tauchern, die bis zu 100 Meter tief tauchen können und bereit sind, die damit verbundenen Gesundheitsrisiken auf sich zu nehmen. Ein Angehöriger der ukrainischen Armee hatte das Kommando an Bord der Yacht Andromeda, mit der die Sabotagegruppe aus dem norddeutschen Rostock in die Nähe der Ölpipelines fuhr.
Der Spiegel sagte, es sei ihm nach zwei Jahren eigener Ermittlungen gelungen, die Identität aller Beteiligten herauszufinden. „Wir werden die Namen der Männer und Frauen jedoch nicht veröffentlichen, damit sie nicht ins Fadenkreuz russischer Mordkommandos geraten“, heißt es in der Zeitschrift.
Ihm zufolge entsprechen die Ergebnisse seiner Recherchen dem Wissensstand deutscher Behörden und ausländischer Geheimdienste. In Deutschland werden Schäden an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 unter anderem von der Staatsanwaltschaft, der Bundespolizei und dem Bundeskriminalamt (BKA) bearbeitet.
Selenskyj war über die Sabotage nicht informiert
Die Operation hätte 300.000 Dollar (270.000 Euro) gekostet und wäre aus privaten Quellen finanziert worden. Nach Informationen des deutschen Magazins wurde die Veranstaltung vor der Durchführung dem damaligen Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Waleri Zaluzhny, zur Genehmigung vorgelegt, der ihr grünes Licht gab.
Die Sabotagegruppe soll Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht freiwillig informiert haben. Zaluzhny bestritt später jegliche Beteiligung an dem Angriff auf die Gaspipelines. Im Februar dieses Jahres entließ Selenskyj Zaluzhny als Chef der ukrainischen Armee; er ist jetzt Botschafter in London.
Nach Angaben des Magazins „Der Spiegel“ informierten die niederländischen Militärgeheimdienste den amerikanischen Central Intelligence Service (CIA) und die deutschen Behörden im Juni 2022 über drohende Schäden an Gaspipelines in der Ostsee.
Berichten zufolge versuchten die Vereinigten Staaten, diese Aktion zu verhindern, jedoch ohne Erfolg. Russland nannte den Vorfall einen Terroranschlag. Dies deutete darauf hin, dass westliche Länder dahinter steckten.
Ein legitimes militärisches Ziel
Červinsky arbeitete für die ukrainischen Geheimdienste SBU und HUR und zum Zeitpunkt der Zerstörung von Nord Stream für die Spezialeinheiten der ukrainischen Armee. Ihm zufolge sei Nord Stream ein legitimes militärisches Ziel, das Russland nach dem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 nutzen würde.
Zum Zeitpunkt der Explosionen floss kein Gas durch die Gaspipeline Nord Stream 1, was Russland mit notwendigen Wartungsarbeiten begründete. Obwohl Nord Stream 2 fertiggestellt war, konnte es aufgrund des Krieges in der Ukraine und antirussischer Sanktionen nicht gestartet werden.
Laut Červinsky spielte Nord Stream eine wichtige Rolle bei der zeitlichen Planung der russischen Invasion in der Ukraine im vergangenen Jahr. Erst nach seiner Fertigstellung konnte Moskau angreifen. „Sie mussten es zu Ende bringen, damit Europa darauf angewiesen war“, sagte Červinsky in einem der vom Spiegel zitierten Interviews.
Červinskyj wurde im April 2023 im Zusammenhang mit einer weiteren verpatzten Operation festgenommen und angeklagt. Er steht nun wegen Korruptionsverdachts unter Hausarrest. Nach Angaben seines Anwalts wollen einige Leute in Selenskyjs Umfeld lediglich Rache an ihm dafür, dass er in der Vergangenheit den Präsidenten und seinen engsten Kreis öffentlich kritisiert hat.
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